Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 16.05.2008 zu Recht verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 einen Mehrbedarf in Höhe von monatlich 109,00
EUR zu gewähren.
Aufgrund der Klaglosstellung der Ehefrau des Klägers im Klageverfahren ist im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage Streitgegenstand des Verfahrens nur noch, ob der Kläger von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 31.05.2007 einen Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige mit Erfolg beanspruchen kann. Der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das von dem Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhaltes an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck gekommene Begehren sowie den Klagegrund, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (
BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 9/06, Rn. 16, Juris). Die Beschränkung des prozessualen Anspruchs des Klägers auf einen Mehrbedarf ist zulässig. Denn nach der Rechtsauffassung des Senats stellen Leistungen für Mehrbedarfe gemäß § 21
SGB II einen eigenständigen Streitgegenstand dar (Urteile des erkennenden Senats vom 28.05.2009,
L 7 AS 4/09, Rn. 41 und vom 13.09.2007, L 7 AS 41/07, Rn. 27;
vgl. ferner
BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 50/07 R, -Juris).
Der Kläger hat einen Anspruch auf Bewilligung eines Mehrbedarfs für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige
gem. § 21
Abs. 4
S. 1
SGB II. Nach § 21
Abs. 4
S. 1
SGB II erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben nach
§ 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54
Abs. 1
S. 1
Nr. 1-3
SGB XII erbracht werden, einen Mehrbedarf in Höhe von 35 % der nach § 20
SGB II maßgeblichen Regelleistung.
Der Kläger erfüllt in dem streitigen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen des § 7
Abs. 1 Satz 1
SGB II, was von den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt worden ist. Im streitigen Zeitraum lag auch eine Erwerbsfähigkeit gemäß § 7
Abs. 1
S. 1
Nr. 2, 8
Abs. 1
SGB II vor. Eine Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung erfolgte erst ab 01.04.2009. Auch an der Behinderung im Sinne des § 2
SGB IX bestehen insbesondere aufgrund der Feststellung eines Grades der Behinderung von 90 keine Zweifel.
Bei der einjährigen Betreuung durch den Integrationsfachdienst handelt es sich um eine "Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben" im Sinne des § 21
Abs. 4
S. 1
SGB II. Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen gemäß § 33
Abs. 1
SGB IX erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.
Entgegen der Ansicht des SG sind die Beratung und Vermittlung durch den Integrationsfachdienst nicht als "sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben" i.
S. d. § 21
Abs. 4
S. 1
SGB II zu qualifizieren. Welche Leistungen tatsächlich als sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben in Betracht kommen, bleibt angesichts der ausdrücklichen Benennung von Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 33
ff. SGB IX) und zur Eingliederung (§ 54
Abs. 1
S. 1
Nr. 1 bis 3
SGB XII) unklar. Dem Wortlaut ist zu entnehmen, dass ein direkter Bezug zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes erforderlich ist (
vgl. LSG NRW, Urteil vom 28.05.2009, L 7 AS 4/09, Rn. 50, Juris; Münder in LPK
SGB II, § 21 Rn. 23). Auch der systematische Standort verdeutlicht, dass die "sonstigen Hilfen" unmittelbar darauf gerichtet sein müssen, den erwerbsfähigen, aber behinderten hilfebedürftigen Menschen wieder in das Erwerbsleben zu integrieren, wie dies auch die Zielvorgabe des § 1
Abs. 1
S. 1
SGB II zusammen mit § 2
Abs. 1
S. 1
SGB II im Allgemeinen für das Grundsicherungsrecht vorgibt (
vgl. LSG NRW, Urteil vom 28.05.2009, L 7 AS 4/09, Rn. 51, Juris). Aus dem systematischen Zusammenhang folgt zudem, dass sonstige Hilfen jedenfalls nur dann einen Mehrbedarf auslösen, wenn sie von einem öffentlichen Träger erbracht werden (
vgl. Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum
SGB II, 2. Auflage 2008, § 21 Rn. 45; Behrend in jurisPK
SGB II, § 21 Rn. 36).
Da § 21
Abs. 4
S. 1
SGB II explizit auf § 33
SGB IX Bezug nimmt, sind die erbrachten Leistungen des Integrationsfachdienstes vorrangig unter die dortige Spezialregelung einzuordnen. Erst wenn deren Voraussetzungen nicht eingreifen, kann zur Überzeugung des Senats auf die insoweit eine Auffangfunktion beinhaltenden sonstigen Leistungen zurückgegriffen werden.
Nach § 33
Abs. 3
Nr. 1
SGB IX umfassen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Beratung und Vermittlung, Trainingsmaßnahmen und Mobilitätshilfen. Darunter fallen
z.B. die Übernahme von Bewerbungskosten (
vgl. Vogt in Kossens/von der Heide ua., Kommentar zum
SGB IX, 2. Auflage 2006, § 33 Rn. 15).
Für eine Ausnahme der Beratung und Vermittlung von den Leistungen des § 33
Abs. 3
SGB IX besteht entgegen der Ansicht der Bundesagentur für Arbeit (
BA) in den Durchführungshinweisen kein Raum (Hinweise der
BA zu § 21
SGB II, Rn. 21.16a). Zum einen verweist § 21
Abs. 4
SGB II in seinem Wortlaut pauschal auf § 33
SGB IX (
vgl. Loose in Gemeinschaftskommentar zum
SGB II -GK-SGB II-, 2007, § 21 Rn. 29). Davon sind einzelne Nummern nicht ausgenommen. Zum anderen können auch durch Beratung und Vermittlung tatsächlich vermehrte Ausgaben entstehen,
z.B. für Bewerbungen, Fahrtkosten und andere Aktivitäten (
vgl. SG Berlin, Urteil vom 16.09.2005,
S 37 AS 5525/05, Rn. 16, Juris; Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink,
SGB II, § 21 Rn. 44). Allerdings ist es unerheblich, ob tatsächlich ein Mehrbedarf durch zusätzliche Kosten (bei dem Kläger) angefallen ist, denn § 21
Abs. 4
SGB II gewährt pauschalierend eine Erhöhung der Regelleistung, wenn nach allgemeinen Umständen ein Mehrbedarf zu erwarten ist (
vgl. Loose in
GK-SGB II, § 21 Rn. 28).
Die Beratung und Vermittlung des Klägers durch den Integrationsfachdienst war auch tatsächlich auf die Erlangung eines Arbeitsplatzes gerichtet. Ausweislich der Bescheinigung des Integrationsfachdienst wurde der Kläger bei der Arbeitssuche unterstützt. So konnte ihm der Integrationsfachdienst tatsächlich Angebote vermitteln, die nach den Angaben des Klägers allein aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht zu einem dauerhaften Arbeitsverhältnis führten.
Die Anwendung des § 21
Abs. 4
SGB II setzt ferner voraus, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Leistungen "erbracht werden". Für die Bejahung eines Mehrbedarfs genügt nicht, dass möglicherweise ein Anspruch auf eine Teilhabeleistung oder eine Leistung der Eingliederungshilfe besteht (
vgl. BSG, Urteil vom 25.06.2008, B 11b AS 19/07 R, Rn. 22, Juris; Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink,
SGB II, § 21 Rn. 41). Die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf sind erst erfüllt, wenn der Berechtigte an einer Integrationsmaßnahme des § 33
SGB IX tatsächlich teilnimmt (
vgl. BSG, Urteil vom 25.06.2008,
B 11b AS 19/07 R, Rn. 22,
LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.11.2008;
L 29 B 414/08 AS NZB, Rn. 25, -Juris; Loose in
GK-SGB II, § 21 Rn. 28).
Sofern für das Tatbestandsmerkmal "erbracht werden" über den Wortlaut hinaus eine Leistungsbewilligung vorausgesetzt wird, kann vorliegend auf die Eingliederungsvereinbarung zurückgegriffen werden. Zwar stellt diese Vereinbarung in der Eingliederungsvereinbarung keinen Bewilligungsbescheid im engeren Sinne dar. Die Rechtsnatur einer Eingliederungsvereinbarung ist insoweit streitig. Nach der überwiegend im Schrifttum vertretenen Ansicht stellt die Eingliederungsvereinbarung nach § 15
Abs. 1
S. 1
SGB II einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53
ff. SGB X dar. Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der Eingliederungsvereinbarung um eine neue Form hoheitlichen Handelns, die ähnlich wie ein Verwaltungsakt einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt (
vgl. zum Meinungsstand Eicher/Spellbrink,
SGB II, § 15 Rn. 10
ff., 39
ff.). Aus Sicht des Klägers ist aber vor allem angesichts der in der Rechtsfolgenbelehrung der Eingliederungsvereinbarung aufgeführten Sanktionsmöglichkeiten deutlich, dass er zur Teilnahme an der Beratung durch den Integrationsfachdienst verpflichtet ist. Dies wird auch dadurch unterstützt, dass er seitens der Beklagten mehrmals zum Nachweis der Beratung aufgefordert wurde. Zudem kann sich die Regelung in der Eingliederungsvereinbarung, nach der die Beklagte die "Kosten
IFD" übernimmt, angesichts der Grundfinanzierung der Tätigkeit des Integrationsfachdienstes über das Integrationsamt des Landschaftsverbandes Rheinland, nur auf die Kosten beziehen, die der Kläger durch die Kontaktaufnahme zum Integrationsfachdienst hat. Gerade dies regelt auch § 21
Abs. 4
S. 1
SGB II.
Der Kläger hat im Zeitraum vom 01.07.2006 bis zum 30.06.2007 den Integrationsfachdienst mit dem Ziel der Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis tatsächlich aufgesucht. Dazu sprach er nach Vereinbarung in diesem Zeitraum zwar nur zweimal monatlich dort vor. Damit stellt diese "Maßnahme" von ihrer Intensität her sicherlich die untere Grenze dar, die eine Bewilligung eines Mehrbedarfs noch rechtfertigt. Es ist zu berücksichtigen, dass der Kläger den Anforderungen der Beklagten stets und über den Zeitraum von einem Jahr nachgekommen ist. Veranlasst wurde diese Kontaktaufnahme zudem von der Beklagten, welche in der Eingliederungsvereinbarung vorschlug, der Kläger solle bis zum 10.06.2006 Kontakt zum Integrationsfachdienst herstellen. Er solle die Aufnahme in Betreuung nachweisen und die Bereitschaft zeigen, Fortbildungsmaßnahmen nach Vorschlag des Integrationsfachdienstes wahrzunehmen. Diese Verpflichtung war überdies sanktionsbewährt. Eine Gewährung des Mehrbedarfs erscheint daher auch im konkreten Fall unter dem Gesichtspunkt des dem
SGB II zugrundeliegenden Prinzips des "Förderns und Forderns" gerechtfertigt (
vgl. §§ 2, 14
SGB II). Ist der Hilfebedürftige einerseits gehalten, alle Möglichkeiten zur Beendigung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, so korrespondiert dies andererseits mit der Pflicht des Leistungsträgers, diesen umfassend zu unterstützen. Dies schließt die Gewährung von Mehrbedarf für die gesetzlich typisierten Fallgruppen ein. Da dort keine Einschränkung im Hinblick auf die zeitliche Intensität einer Leistung aufgenommen wurde, sondern der Mehrbedarf vielmehr pauschaliert in Höhe von 35 % des Regelsatzes gewährt wird, gibt es keinen Anknüpfungspunkt für einen Ausschluss der hier vorliegenden vierzehntägigen Beratung und Vermittlung vom Mehrbedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG). Denn die Frage ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob und
ggf. unter welchen Voraussetzungen Leistungen zur Beratung und Vermittlung gemäß § 33
Abs. 3
Nr. 1
SGB IX die Bewilligung eines Mehrbedarfs nach § 21
Abs. 4
SGB II rechtfertigen.