Urteil
Bewilligung von Pflichtstundenermäßigung
Gericht:
OVG Nordrhein-Westfalen 6. Senat
Aktenzeichen:
6 A 929/06
Urteil vom:
17.06.2008
OVG Nordrhein-Westfalen 6. Senat
6 A 929/06
17.06.2008
Der Antrag wird abgelehnt.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden und den schriftsätzlich angekündigten Verpflichtungsantrag als Feststellungsantrag ausgelegt, mit dem die Klägerin begehre, festzustellen, dass ihr eine zusätzliche Pflichtstundenermäßigung im Umfang von vier Wochenstunden bis zum 31. Januar 2009 bewilligt worden sei. Mit diesem Klageantrag hat es die Klage als begründet angesehen. In jahrelanger Praxis habe das beklagte Land im Falle der Klägerin die schlichte Vorlage eines neuen oder aktualisierten Schwerbehindertenausweises als Antrag auf Gewährung der Zusatzermäßigung für schwerbehinderte Lehrkräfte gemäß § 2 Abs. 3 VO zu § 5 SchFG vom 22. April 2002 ausreichen lassen. Entsprechend der bisherigen Verfahrensweise sei ihr am 11. Februar 2004 vom Schulamt die Zusatzermäßigung - befristet auf die Geltungsdauer des vorgelegten Schwerbehindertenausweises - stillschweigend bis zum 31. Januar 2009 bewilligt worden.
Ein Verstoß gegen § 88 VwGO liegt entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht vor. Die Gerichte sind an die Fassung des Klageantrags nicht gebunden. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das mit der Klage verfolgte Begehren der Klägerin von Anfang an darauf gerichtet war, während der Geltungsdauer des im Februar 2004 vorgelegten Schwerbehindertenausweises nur in einem um vier zusätzliche Pflichtstunden ermäßigten Umfang Dienst leisten zu müssen. Diesem Begehren trägt die vom Verwaltungsgericht gewählte Auslegung des angekündigten Klageantrags Rechnung. Sie entspricht dem wohlverstandenen Interesse der Klägerin und geht über das im Klagevortrag zum Ausdruck gebrachte Klagebegehren nicht hinaus. In einer mündlichen Verhandlung wäre das Verwaltungsgericht überdies verpflichtet gewesen, die Sach- und Rechtslage zu erörtern und auf die Stellung eines sachdienlichen Antrags hinzuwirken. Nach der in dem Urteil vertretenen Rechtsansicht ist allein der Feststellungsantrag zur Erreichung des Klageziels sachdienlich. Ein Verpflichtungsantrag auf Gewährung der Zusatzermäßigung wäre ins Leere gegangen und nicht sachdienlich gewesen, wenn man mit dem Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass eine solche Ermäßigung bereits erteilt worden ist. Der Umstand, dass die Klägerin anwaltlich vertreten war, erfordert keine andere Beurteilung. Die Formulierung eines Antrags in der durch einen Rechtsanwalt eingereichten Klageschrift ist lediglich als Ankündigung zu verstehen, diesen Antrag - vorbehaltlich neuer Erkenntnisse - in der mündlichen Verhandlung stellen zu wollen. Eine Prozesserklärung, an der sich der jeweilige Kläger festhalten lassen müsste, ist darin nicht zu sehen.
Die Argumente, mit denen das beklagte Land die das angefochtene Urteil tragenden Erwägungen zu erschüttern sucht, stellen die Richtigkeit dieser Erwägungen nicht ernsthaft in Frage. Der Hinweis des Schulamtes in seinem Bescheid vom 8. Februar 1996, wonach es sich bei nachgewiesenem Fortbestehen der Schwerbehinderung über die damalige Befristung der Ermäßigung hinaus eine erneute Prüfung der Ermäßigungsvoraussetzungen vorbehalte, besagt nichts über seine nachfolgende Praxis, die Gewährung der Zusatzermäßigung auf bloße Vorlage eines neuen oder verlängerten Schwerbehindertenausweises stillschweigend zu verlängern. Dieser Hinweis steht sogar mit der geschilderten Praxis in einem inhaltlichen Einklang. Die Behauptung des beklagten Landes, der Klägerin sei bewusst gewesen, dass jeweils bei Ablauf der Gültigkeit ihres Schwerbehindertenausweises die "Notwendigkeit" eines erneuten (formalen) Antrags auf Zusatzermäßigung bestand, gibt für ein solches Erfordernis nichts her, denn von der Notwendigkeit eines formalen Antrags ist das Schulamt offenkundig selbst nicht ausgegangen. Die weitere Behauptung des beklagten Landes, der Klägerin sei jedenfalls rechtzeitig - nämlich am 16. und am 22. Dezember 2004 - mitgeteilt worden, dass von der gegebenenfalls bestehenden Verwaltungspraxis abgewichen werde, auf Vorlage eines neuen Schwerbehindertenausweises die Gewährung der Zusatzermäßigung stillschweigend für dessen Geltungsdauer zu verlängern, widerlegt die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht, der Klägerin sei bereits im Februar 2004 eine entsprechende Verlängerung bis zum 31. Januar 2009 gewährt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
R/R4179
Informationsstand: 15.04.2009