I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 18. 12.2003 sowie der Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07. 2003 aufgehoben.
II. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen und der Beigeladene keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger wendet sich gegen die wegen Umzugs in die Schweiz erfolgte Aufhebung eines Bescheides, mit dem ein Grad der Behinderung (
GdB) von 50 festgestellt worden war.
Der 1951 geborene Kläger ist seit 1991 als behinderter Mensch mit einem
GdB von 40 anerkannt. Ab 22.11. 1993 wurde der
GdB auf 50 erhöht und schließlich mit Änderungsbescheid vom 30.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.1998 eine Neufeststellung der Behinderungen bei Beibehaltung des
GdB von 50 vorgenommen. Im Änderungsbescheid vom 30.06.1998 teilte der Beklagte dem Kläger auch mit, dass beabsichtigt sei, seinen Schwerbehindertenausweis bis Juni 2003 zu verlängern. In der Folge wurde ihm schließlich der bis Juni 2003 gültige Schwerbehindertenausweis ausgehändigt.
Nachdem der Kläger am 04.04.2003 dem Beklagten die dauerhafte Verlegung seines Wohnsitzes in die Schweiz mitgeteilt und die Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises beantragt hatte, erließ der Beklagte nach Einholung einer Melderegisterauskunft vom 08.04.2003, wonach sich der Kläger ab 20.10.2001 in die Schweiz abgemeldet hat, einen Aufhebungsbescheid vom 23.04.2003, in dem er bestimmte:
"Der Bescheid vom 30.06.1998 wird aufgehoben. Ein Grad der Behinderung wird nicht mehr festgestellt."
Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass mit der dauerhaften Wohnsitzverlegung in die Schweiz am 20.10.2001 der Wohnsitz und gewöhnliche Aufenthalt des Klägers nicht mehr im deutschen Staatsgebiet liege und daher die Voraussetzungen des § 2
Abs. 2 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB IX) nicht mehr erfüllt seien. Der Schwerbehindertenausweis sei nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheides einzuziehen und daher dann umgehend dem Beklagten zu übersenden.
Dagegen erhob der Kläger am 08.05.2003 Widerspruch, weil seine anerkannte Leistungsminderung auch in der Schweiz bestehen bleibe und sein Schwerbehindertenausweis auf Grund des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Schweiz und den
EU-Staaten weiterhin gültig sei. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2003 unter Bestätigung des Ausgangsbescheides zurück.
Der Kläger hat - ohne einen konkreten Antrag zu stellen - am 20.08.2003 Klage erhoben und vorgetragen, dass seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit und verminderte Berufsfähigkeit in der Schweiz fortbestehe, so dass er nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es müsse eine Zusammenarbeit aller Behörden angeordnet werden, um seinen Lebensunterhalt in Form einer Rente zu sichern.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen und auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten jeweils mit Schreiben vom 12.11.2003, zugestellt jeweils am 17.11.2003, zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und die Klage sodann mit Gerichtsbescheid vom 18.12.2003 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass sich der Beklagte habe bei seiner Aufhebungsentscheidung auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB X) stützen können, weil mit der Verlegung des Wohnsitzes in die Schweiz eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten sei. Zwar seien weiterhin die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung eines
GdB von 50 anzunehmen. Jedoch habe der Kläger entgegen § 2
Abs. 2
SGB IX weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt, noch seinen Wohnsitz, noch seine Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland, so dass schwerbehindertenrechtliche Feststellungen nicht mehr möglich seien. Insoweit könne auf ein Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22.06.2001 (Az.: L 6 SB 108/00) verwiesen werden, welches in einem vergleichbaren Fall bereits in diesem Sinne entschieden habe. Ohne Auswirkung sei, dass der Beklagte den Kläger vor Erlass des Aufhebungsbescheides entgegen § 24
SGB X nicht angehört habe. Hintergrund dieser Vorschrift sei es, dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich sachlich zu äußern und ihm damit die Möglichkeit zu eröffnen, die Entscheidung des Sozialleistungsträgers zu seinen Gunsten zu beeinflussen (
BSG v. 28.04.1999, Az.:
B 9 SB 5/98 R) . Angesichts dessen sei der Mangel der Anhörung bis zur Beendigung des Vorverfahrens behoben worden, weil dem Kläger mit dem Aufhebungsbescheid vom 23.04.2003 die entscheidungsrelevanten Tatsachen mitgeteilt worden seien. Hierzu habe sich der Kläger in seinem Widerspruch äußern können.
Mit seiner - nach Zustellung des Gerichtsbescheides am 21.01.2004 - beim Sozialgericht Chemnitz am 11.02.2004 eingelegten Berufung macht der Kläger und Berufungskläger geltend, dass er ab 20.10.2001 eine Rente von einem Versicherungsträger begehre und daher gegen die Aberkennung seines
GdB von 50 vorgehe. Das Sozialgericht spreche ihm sein Menschenrecht, bei seiner Ehefrau in der Schweiz zu wohnen, ab. Es diskriminiere ihn in seiner Menschenwürde, wenn seine Behinderung, die in Deutschland aufgetreten sei, auf Grund seines Umzugs in die Schweiz nicht mehr festgestellt werde. Das vom Sozialgericht zitierte Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz treffe auf ihn nicht zu, da dort der Sachverhalt anders gewesen sei. Er verstehe nicht, weshalb ihn der Beklagte darauf hingewiesen habe, dass er an seinem Wohnsitz in der Schweiz einen Schwerbehindertenausweis beantragen solle, während das Sozialgericht ihn im Laufe des Verfahrens darauf hingewiesen habe, dass mit der schwerbehindertenrechtlichen Feststellung eine Rentenzahlung nicht verbunden sei und daher rentenrechtliche Erwägungen nicht Gegenstand dieses Verfahrens seien. Im Übrigen habe er den im Tatbestand des Gerichtsbescheides vom Sozialgericht zugrunde gelegten Klageantrag in dieser Form so nie gestellt. Es gehe ihm letztlich nicht um den Ausweis. Er verstehe auch nicht, weshalb es einer Verhandlung oder Entscheidung bedürfe. Es gehe vielmehr um die Berichtigung der untereinander verschiedenen Auffassungen der Beteiligten. Der Freistaat Sachsen mit allen seinen Ämtern und Behörden trage ebenso wie die BfA Berlin eine soziale Verantwortung. Ihm sei es egal, wer ihm eine volle Erwerbsminderungsrente zahle. Es könne nicht sein, dass sich in Deutschland alle Beteiligten ihrer sozialen Verantwortung entziehen. Er verlange, dass ihm alle außergerichtlichen Kosten erstattet werden.
Einen konkreten Antrag hat der Kläger und Berufungskläger im Berufungsverfahren nicht gestellt.
Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 18.12.2003 zurückzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Entscheidung des Sozialgerichts und trägt ergänzend vor, dass mit der Wohnsitzverlegung eines schwerbehinderten Menschen ins Ausland die Voraussetzungen des
§ 2 Abs. 2 SGB IX kraft Gesetzes zwar nicht mehr vorliegen und es deshalb einer Aufhebung des ursprünglichen Feststellungsbescheides über einen
GdB von 50 nicht zwangsläufig bedürfe. Da der Kläger jedoch nicht nur seine Wohnortverlegung mitgeteilt, sondern auch eine Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises beantragt habe, sei ein entsprechender Aufhebungsbescheid auf Grundlage des § 2
Abs. 2
SGB IX zu erteilen gewesen. Dies sei verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Sowohl das Sozialgericht Chemnitz als auch das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz seien von einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse bei einem Wegzug ins Ausland ausgegangen, was die Bescheiderteilung rechtfertige. Zudem sei der Kläger auf seine Mitteilungspflicht entsprechend hingewiesen worden. Es stelle sich auch die Frage, ob bei einer Antragstellung (wie hier auf Ausweisverlängerung) dem Antragsteller die Bescheiderteilung und somit die Eröffnung des Rechtsweges verweigert werden könne. Die angegriffenen Bescheide seien daher zu Recht ergangen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 29.11.2005 das Land Baden-Württemberg beigeladen, welches sich den Ausführungen des Beklagten und dessen Antrag anschließt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
I. Die gemäß den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) statthafte sowie gemäß § 151
SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.
Bei sachgerechter Auslegung des Vorbringens des Klägers ist Klagegegenstand vorliegend allein die Anfechtung des Aufhebungsbescheides vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 (1.). Die damit erhobene isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54
Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
SGG hat auch Erfolg (2.).
1. Da der Kläger einen konkreten Antrag weder im Klage- noch im Berufungsverfahren gestellt hat, ist sein Vorbringen auszulegen, wobei der Senat gemäß § 123
SGG nicht an die Fassung (oder Nichtfassung) der Anträge des Klägers gebunden ist, sondern nur über die vom Kläger erhobenen Ansprüche zu entscheiden hat, gleichgültig in welcher Form sie vorgebracht werden. Danach geht es vorliegend allein um die Beibehaltung des
GdB von 50 und deshalb nur um die Anfechtung des Aufhebungsbescheides vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003.
Die vom Kläger immer wieder erwähnte Erwerbsminderungsrente ist insofern nicht Klagegegenstand, weil der Kläger ausweislich seines Vorbringens nur davon ausgeht, dass ihm aufgrund seines
GdB von 50 eine Erwerbsminderungsrente zusteht, gleichgültig von wem sie ihm gewährt wird. Insoweit wurde er jedoch vom Senat bereits ausführlich darauf hingewiesen, dass er sich deshalb an den zuständigen Rentenversicherungsträger wenden muss, weil der Beklagte
bzw. der Beigeladene in ihrer Eigenschaft als zuständige Behörde im Sinne von
§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nur über das Vorliegen einer Behinderung und den
GdB (§ 69
Abs. 1 bis 3
SGB IX) sowie über das Vorliegen von Merkzeichen (§ 69
Abs. 4
SGB IX) und die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises (§ 69
Abs. 5
SGB IX) entscheiden können, nicht aber über Erwerbsminderungsrenten, für deren Gewährung ihnen die sog. Passivlegitimation fehlt.
Anders als das Sozialgericht meint (wenn es im Tatbestand des Gerichtsbescheides den Klageantrag sinngemäß u.a. dahin formuliert, dass der Kläger beantragt, ihm einen Schwerbehindertenausweis auszustellen) geht es vorliegend auch nicht um die Verpflichtung des Beklagten zur Verlängerung des Schwerbehindertenausweises.
Zum einen hat der Kläger selbst vorgetragen, dass es ihm nicht um den Ausweis als solchen gehe und dass er den vom Sozialgericht formulierten Klageantrag so nie gestellt habe. Zum anderen hat der Beklagte im angegriffenen Aufhebungsbescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 über den vom Kläger am 04.04.2003 gestellten Antrag auf Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises bisher nicht entschieden, so dass die gegen diese Bescheide gerichtete Klage einen aus § 69
Abs. 5
SGB IX folgenden Anspruch auf Verlängerung des Schwerbehindertenausweises nicht erfassen kann.
Mit der bloßen Ankündigung im Aufhebungsbescheid vom 23.04.2003, den Schwerbehindertenausweis nach Unanfechtbarkeit einziehen zu wollen, wurde dabei nicht zugleich der Antrag auf Verlängerung des Schwerbehindertenausweises abgelehnt, weil diese Ankündigung nicht zum Tenor des Bescheides gehörte (dieser lautete nur: "Der Bescheid vom 30.06.1998 wird aufgehoben. Ein Grad der Behinderung wird nicht mehr festgestellt.") und auch nichts mit der Begründung dieses Tenors zu tun hatte.
Dies folgt daraus, dass der Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis gemäß § 69
Abs. 5
SGB IX kraft Gesetzes entsteht, wenn die dort geregelten Voraussetzungen vorliegen, so dass die Behörde den Ausweis dann auszustellen hat. Umgekehrt entfällt der Anspruch kraft Gesetzes bei Wegfall der Voraussetzungen und der Ausweis ist gemäß § 69
Abs. 5 Satz 4
SGB IX dann einzuziehen.
Der Verwaltungsakt
bzw. Bescheid, welcher den kraft Gesetzes entstandenen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis feststellt, liegt somit in der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises selbst, während die bescheidmäßige Rückgängigmachung, d.h. die Aufhebung des in der Ausstellung des Ausweises liegenden Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung, grundsätzlich in der Einziehung des Ausweises liegt, es sei denn, dessen Gültigkeit ist bereits abgelaufen. Dann liegt in der Einziehung des Ausweises keine bescheidmäßige Regelung des Anspruchs auf einen Schwerbehindertenausweis mehr, weil sich die Feststellung des Anspruchs durch Zeitablauf erledigt hat (§ 39
Abs. 2 Var. 4
SGB X). Die Einziehung stellt dann lediglich die Rückholung eines - auf dem Ausweis für jeden ersichtlich - ungültigen, öffentlichen Dokuments dar.
Dementsprechend war auch der Hinweis am Schluss des Änderungsbescheides vom 30.06.1998, dass der Schwerbehindertenausweis bis Juni 2003 verlängert werde, lediglich die Ankündigung, einen solchen Bescheid zu erlassen, d.h. einen solchen Schwerbehindertenausweis auszustellen. Dass der Aufhebungsbescheid vom 23.04.2003 den Änderungsbescheid vom 30.06.1998 umfassend aufgehoben hat, lässt deshalb den erst mit der 1998 erfolgten tatsächlichen Aushändigung des Schwerbehindertenausweises bescheidmäßig geregelten Anspruch auf einen solchen Ausweis unberührt. Die bloße Aufhebung der im Änderungsbescheid vom 30.06.1998 ausgesprochenen Ankündigung, einen Schwerbehindertenausweis auszustellen, ist hingegen bedeutungslos, weil die in der Ankündigung liegende Zusicherung im Sinne des § 34
SGB X, einen Schwerbehindertenausweis auszustellen, durch deren Erfüllung (Aushändigung) zum Zeitpunkt ihrer Aufhebung bereits "auf andere Weise" gemäß § 39
Abs. 2 Var. 5
SGB X erledigt war.
Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung im Aufhebungsbescheid vom 23.04.2003, den Schwerbehindertenausweis nach Unanfechtbarkeit einziehen zu wollen, lediglich die Ankündigung, den noch bis Juni 2003 gültigen Schwerbehindertenausweis schon vorher einziehen und damit dessen Geltungsdauer im Sinne eines entsprechenden Aufhebungsbescheides verkürzen zu wollen. Ein solcher damit angekündigter Bescheid wurde jedoch nicht erlassen, weil der Bescheid vom 23.04.2003 bis Juni 2003 nicht bestandskräftig wurde. Seit Juli 2003, als sich die Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises durch Zeitablauf erledigte (§ 39
Abs. 2 Var. 4
SGB X), würde sich deshalb dessen Einziehung in der bloßen Rückholung des - auf dem Ausweis für jeden ersichtlich - ungültigen, öffentlichen Dokuments erschöpfen, falls sie denn überhaupt durchgeführt werden sollte.
Im Ergebnis fehlt es damit an einem Bescheid, der die vom Kläger am 04.04.2003 beantragte Neuausstellung
bzw. Verlängerung seines Schwerbehindertenausweises über Juni 2003 hinaus regelt. Erst ein solcher Bescheid würde die Einlegung eines Rechtsbehelfs ermöglichen, wenn er ablehnend wäre. Insoweit hat der Beklagte durchaus Recht, wenn er der Meinung ist, dass einem Antragsteller auf seinen Antrag hin eine Bescheiderteilung nicht verwehrt werden darf, damit er den Rechtsweg beschreiten kann. Jedoch ist es am Beklagten
bzw. nunmehr am Beigeladenen, einen solchen, bisher fehlenden Bescheid zu erteilen, wenn der Kläger weiterhin darauf bestehen sollte.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass dieser Bescheid nach jetzigem Stand ablehnend sein müsste, weil ein Anspruch auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises gemäß § 69
Abs. 5 Sätze 1 und 2
SGB IX nur für behinderte Menschen zum Zwecke des Nachweises der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch besteht. Schwerbehindert sind Menschen nach der gesetzlichen Definition des § 2
Abs. 2
SGB IX aber nur dann, wenn bei ihnen nicht nur ein
GdB von 50 vorliegt, sondern sie darüber hinaus ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Geltungsbereich des
SGB IX haben. Da der Kläger aber unzweifelhaft auf Dauer seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt hat und in Deutschland auch keiner Beschäftigung mehr nachgeht, bleibt seine mit einem
GdB von 50 zu bewertende Behinderung zwar bestehen, nicht jedoch sein Status als schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 2
Abs. 2
SGB IX.
Mit dem Umzug des Klägers in die Schweiz am 20.10.2001 sind deshalb gemäß § 116
Abs. 1 Halbsatz 1
SGB IX die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen nicht mehr anzuwenden, so dass ab diesem Zeitpunkt eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis entfallen ist. Die Vorschrift des § 116
Abs. 1 Halbsatz 2
SGB IX, wonach dies erst ab dem dritten Kalendermonat ab Unanfechtbarkeit des den
GdB auf weniger als 50 herabsetzenden Bescheides gilt, kommt dem Kläger hingegen nicht zugute, weil es bei ihm insofern nicht um die Verringerung des
GdB geht (dieser beträgt wie bisher 50), sondern um den Wegfall einer anderen Voraussetzung des § 2
Abs. 2
SGB IX.
Der Beklagte
bzw. der Beigeladene wäre deshalb bereits ab 20.10.2001 berechtigt gewesen, den Schwerbehindertenausweis des Klägers gemäß § 69
Abs. 5 Satz 4
SGB IX einzuziehen, weil der vom
SGB IX gewährte, gesetzliche Schutz für schwerbehinderte Menschen beim Kläger ab diesem Zeitpunkt erloschen war. Einer bescheidmäßigen Regelung zur Höhe des
GdB hätte es hierzu nicht bedurft, weil es auf die Höhe des
GdB - wie ausgeführt - hinsichtlich des Anspruchs auf einen Schwerbehindertenausweis im Falle des Klägers nicht ankommt.
2. Die danach allein erhobene isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54
Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
SGG ist zulässig und auch begründet.
Die im Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 unter Aufhebung des Änderungsbescheides vom 30.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.1998 ausgesprochene Aberkennung des
GdB von 50 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger ( § 54
Abs. 2 Satz 1
SGG), Der Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 ist deshalb aufzuheben (§ 54
Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
SGG). Dies hat zur Folge, dass beim Kläger weiterhin ein
GdB von 50 auf Grundlage des Änderungsbescheides vom 30.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.1998 bestandskräftig festgestellt bleibt.
Rechtsgrundlage für den Beklagten zur Aufhebung des Änderungsbescheides vom 30.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11. 1998 ist § 48
Abs. 1 Sätze 1 und 2,
Abs. 4
SGB X, wonach Verwaltungsakte mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft von der nunmehr für deren Erlass zuständigen Behörde aufzuheben sind, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei deren Erlass vorlagen, eine wesentliche Änderung eingetreten ist.
Der Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 ist danach bereits deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte für deren Erlass nicht mehr örtlich zuständig war.
Denn aufgrund der dauerhaften Verlegung des Wohnsitzes des Klägers in die Schweiz am 20.10.2001 ist ab diesem Zeitpunkt gemäß § 1
Abs. 1 Buchst. f) der Verordnung über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland ( Auslandszuständigkeitsverordnung - AuslZustV) vom 28.05.1991 (BGBl. I Seite 1204) der Beigeladene für die Feststellung des
GdB anstelle des Beklagten die örtlich zuständige Behörde im Sinne des § 69
SGB IX.
Die AuslZustV findet insofern wegen des ausdrücklichen Verweises in § 69
Abs. 1 Satz 3
SGB IX auf das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) Anwendung, weil die AuslZustV in Ausführung des KOVVfG erlassen wurde (§ 3
Abs. 5 KOVVfG
i.V.m. der AuslZustV). Gemäß § 3
Abs. 1 KOVVfG in der ab 01.07.2001 geltenden Fassung findet mit der Wohnsitzverlegung auch gleichzeitig ein Wechsel der örtlichen Zuständigkeit statt; im Gegensatz zur vorherigen, alten Fassung des § 3
Abs. 1 KOVVfG, wo die Behörde am Wohnsitz des Antragstellers zur Zeit der Stellung des Antrages auch bei einer späteren Wohnsitzverlegung weiter zuständig blieb (
vgl. insoweit zur alten Fassung:
BSG v. 04.02.1998, Az: B 9 V 6/96 R, SozR 3-3100 § 89
Nr. 4;
BSG v. 13.12.2000, Az: B 9 V 1/00 R, SozR 3-3900 § 4
Nr. 2).
Da gemäß § 48
Abs. 4 Satz 1
SGB X i.V.m. § 44
Abs. 3
SGB X über die auf § 48
SGB X gestützte Aufhebung eines Bescheides diejenige Behörde zu entscheiden hat, die für den Erlass des aufgehobenen Bescheides nunmehr zuständig wäre, ist dies nach vorstehenden Ausführungen der Beigeladene.
Zwar besteht allein wegen eines solchen Verstoßes gegen die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003. Denn insofern ist das Gericht an das für den Beklagten zwingende Verwaltungsverfahrensrecht gebunden, welches gemäß § 42 Satz 1
SGB X die Aufhebung eines Verwaltungsaktes verbietet, wenn dieser lediglich wegen der Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit rechtswidrig ist und wenn offensichtlich ist, dass diese Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
Jedoch ist hier davon auszugehen, dass die Entscheidung in der Sache beeinflusst wurde, weil der Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 auch in der Sache rechtswidrig ist und deshalb auch der Beigeladene diese Bescheide nicht hätte erlassen dürfen (
vgl. Steinwedel in: Kasseler Kommentar, Stand: 01.05.2003, § 42
SGB X, Rn. 8). Insofern ist kann nicht unterstellt werden, dass der Beigeladene eine rechtswidrige Entscheidung getroffen hätte.
Da der Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 auch in der Sache rechtswidrig ist, kann dahinstehen, ob das Sozialgericht zu Recht angenommen hat, dass die vom Beklagten vor Erlass des Bescheides vom 23.04. 2003 unterlassene, wegen des in die Rechte des Klägers eingreifenden Charakters dieses Bescheides (Aberkennung des
GdB von 50) aber gemäß § 24
Abs. 1
SGB X erforderliche Anhörung tatsächlich gemäß § 41
Abs. 1
Nr. 3,
Abs. 2
SGB X im Widerspruchsverfahren wirksam nachgeholt wurde.
Der Bescheid vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 ist vielmehr bereits deshalb rechtswidrig, weil beim Kläger - zwischen den Beteiligten unstreitig und nach den vorhandenen Unterlagen für das Gericht unzweifelhaft - weiterhin eine Behinderung besteht, die einen
GdB von 50 rechtfertigt. Insoweit bedarf es keiner weiteren Ermittlungen zur Höhe des
GdB, weil weder der Vortrag der Beteiligten noch die vorhandenen Unterlagen Hinweise dahin enthalten, dass der
GdB mit 50 inzwischen unzutreffend sein könnte. Es besteht deshalb kein Anlass für weitere Ermittlungen zu den gesundheitlichen Verhältnissen, die lediglich "ins Blaue hinein" gehen würden und zu denen das Gericht daher nicht verpflichtet ist (u.a.
BSG v. 05.04.2001, Az:
B 13 RJ 23/00 R, SozR 3-2600 § 43
Nr. 25;
BSG v. 07.05.1998, Az: B 11 AL 81/97 R, zitiert nach JURIS).
Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 23.04.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2003 vorlagen, ist deshalb entgegen § 48
Abs. 1 Satz 1
SGB X nicht eingetreten. Somit ist weder der Beklagte noch der Beigeladene berechtigt, allein wegen des Umzugs des Klägers in die Schweiz die 1998 getroffene Feststellung des
GdB von 50 aufzuheben.
Zu Unrecht hat sich das Sozialgericht diesbezüglich - und nunmehr dem folgend im Berufungsverfahren auch der Beklagte - auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22.06.2001 (Az.:
L 6 SB 108/00, Behindertenrecht 2002, Seiten 24 f.) gestützt. Denn diese Entscheidung hatte im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht keinen Bestand, auch wenn das Revisionsverfahren auf Vorschlag des Bundessozialgerichts vergleichsweise beendet wurde. Insoweit ist der ausführlich begründete Vergleichsvorschlag des Bundessozialgerichts veröffentlicht worden ( Breithaupt 2003, Seiten 71 bis 78), welchen der Senat zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung den Beteiligten übersandt hat.
Nach Auffassung des Bundessozialgerichts - der sich der Senat ausdrücklich anschließt - ist entgegen der Ansicht des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz zwischen dem Anspruch auf Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises gemäß § 69
Abs. 5
SGB IX, welcher - wie bereits beschrieben - die Schwerbehinderteneigenschaft gemäß § 2
Abs. 2
SGB IX voraussetzt, und dem Anspruch auf Feststellung des
GdB gemäß § 69
Abs. 1 bis 3
SGB IX, auf den die territoriale Beschränkung des § 2
Abs. 2
SGB IX nicht anwendbar ist, zu differenzieren.
Denn bei der Feststellung des
GdB (§ 69
Abs. 1 bis 3
SGB IX), kann ein im Ausland wohnhafter Deutscher, der wegen in Deutschland bezogenen Einkünften dem deutschen Steuerrecht unterliegt, durchaus ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung des
GdB - auch ohne die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2
Abs. 2
SGB IX - haben. So stellen die maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften vielfach (Ausnahmen
z.B.: § 19
Abs. 2
Nr. 2 des Einkommenssteuergesetzes - EStG - oder § 33a
Abs. 3
Nr. 2 EStG) nicht auf den Schwerbehindertenstatus gemäß § 2
Abs. 2
SGB IX, sondern auf die Höhe des
GdB für die Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen ab. Insoweit kann
z.B. auf § 9
Abs. 2 Satz 3 EStG und § 33b
Abs. 1 bis 3 EStG verwiesen werden. Dementsprechend ist der
GdB im Feststellungsverfahren nicht erst ab einem Wert von 50, sondern gemäß § 69
Abs. 1 Satz 6
SGB IX ab einem Wert von 20 unabhängig von der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2
Abs. 2
SGB IX festzustellen.
Schwerbehindertenrechtliche Feststellungen zur Höhe des
GdB gemäß § 69
Abs. 1 bis 3
SGB IX sind deshalb im Interesse eines Gleichlaufs mit den anderen Rechtsgebieten und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen insbesondere zum Steuerrecht unabhängig von der territorialen Beschränkung des § 2
Abs. 2
SGB IX zu treffen. Eine Aufhebung solcher Feststellungen wegen einer dauerhaften Wohnsitzverlegung ins Ausland ist deshalb ausgeschlossen.
Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass außer dem Vorliegen einer Behinderung ein darüber hinausgehendes, berechtigtes
(z. B. steuerrechtliches) Interesse nicht Voraussetzung einer
GdB-Feststellung im Einzelfall ist, sondern - wie auch sonst bei behindertenrechtlichen Statusfeststellungen im Inland - die nur abstrakte, im Einzelfall gerade nicht zu prüfende bloße Möglichkeit eines solchen Interesses ausreicht, um eine behindertenrechtliche Statusfeststellung (
z.B. des
GdB) auch bei im Ausland lebenden Deutschen ohne inländischen Wohn-, Aufenthalts- oder Beschäftigungsort zu rechtfertigen.
Diese Auslegung hat für alle Beteiligten im Sinne eines möglichst effizienten Verwaltungsverfahrens den Vorteil, dass bei bloßer Wohnsitzverlegung ins Ausland nur der Schwerbehindertenausweis einzuziehen ist und bei einer möglichen Rückkehr sofort wieder erteilt werden kann, ohne dass es eines aufwendigen, mit medizinischen Ermittlungen verbundenen Feststellungsverfahrens nach § 69
Abs. 1 bis 3
SGB IX bedarf, jedenfalls solange keine Anhaltspunkte bestehen, dass sich der Gesundheitszustand wesentlich im Sinne des § 48
SGB X verändert hat.
Zu berücksichtigen ist insofern allerdings, dass dies bei Nachteilsausgleichen gemäß § 69
Abs. 4
SGB IX nur dann gilt, wenn diese nach ihren - innerhalb oder außerhalb des
SGB IX geregelten - Tatbestandsvoraussetzungen den Schwerbehindertenstatus im Sinne des § 2
Abs. 2
SGB IX nicht voraussetzen, was jeweils im Einzelfall zu prüfen ist.
Die Feststellung eines Merkzeichens nach der Schwerbehindertenausweisverordnung (
SchwbAwV) dürfte deshalb bei Wegzug ins Ausland in der Regel wegen einer wesentlichen Änderung aufzuheben sein. Nur wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des jeweiligen Merkzeichens nicht ausdrücklich den Schwerbehindertenstatus nach § 2
Abs. 2
SGB IX voraussetzen, käme eine Beibehaltung der nur bescheidmäßigen Feststellung des Merkzeichens gemäß § 69
Abs. 4
SGB IX - ohne einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis gemäß § 69
Abs. 5
SGB IX - in Betracht. Die Merkzeichen "G", "B", "aG" und "RF" setzen danach
z.B. den Schwerbehindertenstatus voraus, während dies beim Merkzeichen "H" nicht der Fall ist, auf dessen Grundlage gemäß § 33b
Abs. 6 EStG auch ohne Schwerbehindertenausweis steuerliche Vorteile gewährt werden könnten. Schwerbehinderten Menschen im Ausland mit dem Merkzeichen "H", aber ohne den Schwerbehindertenausweis, wäre jedoch andererseits eine Freifahrtsberechtigung im Personennahverkehr gemäß § 145
SGB IX zu verweigern, weil diese den Schwerbehindertenstatus nach § 2
Abs. 2
SGB IX und ausdrücklich auch das Innehalten des Schwerbehindertenausweises gemäß § 69
Abs. 5
SGB IX voraussetzt.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193
Abs. 1 Satz 1
SGG.
III. Die Revision ist gemäß § 160
Abs. 2
Nr. 1
SGG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die hier streitige Rechtsfrage, ob die Feststellung des
GdB bei Wohnsitzverlegung eines behinderten Menschen ins Ausland von der zuständigen Behörde aufzuheben ist, wenn der behinderte Mensch keiner Beschäftigung im Inland mehr nachgeht, bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist. Insoweit liegt lediglich die zur hier vertretenen Auffassung gegenteilige Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vor, ohne dass das Bundessozialgericht - bedingt durch die vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits im Revisionsverfahren - hierzu eine Entscheidung treffen konnte.