Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden. Der Kläger ist in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I. Der Senat kann in der Sache entscheiden. Das beklagte Land ist ungeachtet der Auflösung des Landesversorgungsamtes (
Art. 1 § 3 Satz 2 des
gem. Art 37
Abs. 2 zum 01.01.2001 in Kraft getretenen 2. ModernG (GVBl. NRW
S. 412
ff.)) und Übertragung von dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Mxxxxxx jedenfalls solange prozessfähig, wie Struktur und Gefüge der Abteilung 10 im Hinblick auf die zu wahrende fachliche und personelle Qualität der Versorgungsverwaltung nicht unerheblich verändert werden (
BSG vom 21.06.2001 - B 9 V 5/00 R -). Auch der erkennende Senat sieht es im Zusammenhang mit § 71
Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) als ausreichend an, wenn das Land durch eine Behörde vertreten wird, die die Aufgaben des vormaligen Landesversorgungsamtes ausübt und gewährleistet ist, dass die Prozessführung in den Händen fachkompetenter Mitarbeiter im Sinn des § 4 ErrG liegt (Urteil vom 31.02.2001 - L 10 VS 28/00 - in NWVBl. 10/2001,
S. 401 ff). Das ist jedenfalls derzeit noch der Fall.
II. Nach § 105
Abs. 1 Satz 1
SGG sind die Beteiligten als Ausfluß des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (§ 62
SGG) vor Erlaß des Gerichtsbescheides anzuhören. Das SG hat zwar eine Anhörung durchgeführt, diese genügt indessen nicht den rechtlichen Anforderungen.
Eine formularmäßige Mitteilung ohne Bezug auf den konkreten Fall genügt nicht (
BVerwG DVBl. 1991, 156;
LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.09.1993 - L 4 J 109/93 -;
LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.09.1995 - L 2 Kn 69/95 -; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Auflage, 1997, VI Rdn. 220, Kummer, Das Sozialgerichtliche Verfahren, 1996, Rdn. 207). Seine Rechtsauffassung muss das Gericht allerdings nicht mitteilen (
BSG vom 16.03.1994 - 9 BV 151/93 - und vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - zu § 153
Abs. 4
SGG; Meyer-Ladewig aa0 § 105 Rdn. 10a mwN). Andererseits soll die Anhörungsmitteilung sicherstellen, dass die Beteiligten sachgerechte Einwendungen erheben können (Kummer aa0). Deswegen muss aus der Anhörung jedenfalls ersichtlich sein, dass die Beteiligten die Gelegenheit haben, Gründe für die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorzubringen oder Beweisanträge zu stellen (Meyer-Ladewig aa0 Rdn.10a mwN;
vgl. auch
BSG vom 17.09.1997 - 6 RKa 97/96 - zu § 153
Abs. 4
SGG).
Die an den Beklagten gerichtete Anhörungsmitteilung vom 08.02.2001 enthält lediglich den Hinweis: "Das Gericht beabsichtigt nach § 105 I, Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 26.02.2001 gegeben." Diese Anhörungsmitteilung genügt ersichtlich nicht den aufgezeigten rechtlichen Anforderungen, indessen ist der Beklagte hierdurch nicht beschwert.
Die Anhörungsmitteilung an den Kläger lautet: "Das Gericht beabsichtigt in o.a. Streitsache, einen Gerichtsbescheid nach § 105 I, Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) in der ab 01.03.1993 geltenden Fassung zu erlassen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Der Gerichtsbescheid wirkt wie ein Urteil. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend. Ihnen wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 26.02.2001 gegeben".
Diese Anhörungsmitteilung ist unzureichend. Sie verweist lediglich auf die Absicht des Gerichts, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen und beschränkt sich im übrigen auf eine Wiedergabe des Gesetzestextes. Es handelt sich nicht um einen einzelfallbezogenen Hinweis, vielmehr nur um eine formularmäßige Mitteilung ohne Bezug auf den konkreten Fall. Abgesehen vom unzureichenden Inhalt der Anhörungsmitteilung wird dies auch durch die Verfügung des Kammervorsitzenden vom 08.02.2001
1) Doppel v. Bl. 8,9 an Kl. z.K. mit Hinweis auf
GB, Frist: 26.02.01 2) Hinweis auf
GB an Bekl., Frist w.o. 3) z.
GB-F belegt. Wiederum fehlt jeder konkrete Bezug. Vielmehr hatte die Geschäftsstelle die Anhörungsmitteilung hiernach selbst, offenbar anhand vorhandener Vordrucke zu fertigen und den Beteiligten zuzuleiten. Dies genügt grundsätzlich nicht. Aus der Entscheidung des
BSG vom 20.10.1999 - B 9 SB 4/98 R - folgt nichts anderes. Hiernach ist eine Anhörungsmitteilung zwar nicht von vornherein fehlerhaft, wenn nur auf die Möglichkeit einer "Entscheidung nach § 153
Abs. 4
SGG" hingewiesen wird, ohne die Art und Weise der Entscheidung zu erläutern; zumindest aber muss der nicht anwaltlich vertretene Kläger in der Anhörungsmitteilung darauf hingewiesen werden, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen soll und dass im Rahmen der beabsichtigten Verfahrensweise eine Zurückweisung der Berufung in Betracht kommt (
BSG vom 20.10.1999 - B 9 SB 4/98 R-;
vgl. aber
BVerwG vom 21.03.2000 - 9 C 39/99 -: Die Anhörung zu einer Entscheidung nach § 130a
VwGO muss unmissverständlich erkennen lassen, wie das Berufungsgericht zu entscheiden beabsichtigt). Diese zu § 153
Abs. 4
SGG vertretene Auffassung kann auf die Anhörung nach § 105
Abs. 1 Satz 2
SGG nicht übertragen werden. Für den rechtskundigen Bevollmächtigten genügt es, wenn das Gericht auf die Absicht verweist, nach § 153
Abs. 4
SGG entscheiden zu wollen. Welcher Art die Entscheidung sein wird, folgt unmittelbar aus dem Gesetz. Demgegenüber ist der Gerichtsbescheid an andere Voraussetzungen geknüpft. Auch für den rechtskundig vertretenen Kläger ist - im Gegensatz zu § 153
Abs. 4
SGG - aus der Ankündigung des Gerichts durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen, nicht ohne weiteres ersichtlich, wie das Gericht entscheiden will. Deswegen hält es der Senat für erforderlich, wenn sowohl ein rechtsunkundiger Kläger als auch ein rechtskundig vertretener Kläger in der Anhörung nach § 105
Abs. 1 Satz 2
SGG darauf hingewiesen werden, wie das Gericht zu entscheiden beabsichtigt;
ggf. mag es ausreichen, wenn das Gericht sich insoweit auf die Mitteilung beschränkt, die Entscheidung solle auf der Grundlage des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme ergehen. Hiervon kann dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn sich für die Beteiligten aus dem Sach- und Streitstand offenkundig nur eine Entscheidung aufdrängt (Senatsurteil vom 05.09.2001 - L 10 SB 70/01-). Maßgebend ist dabei nicht der verobjektivierte Empfängerhorizont, sondern die singuläre Situation des jeweiligen Beteiligten.
Objektiv mag die Rechtslage zwar eindeutig sein, indessen entnimmt der Senat dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers, dass dieser intellektuell nicht in der Lage ist, die Rechtslage zutreffend einzuschätzen und davon überzeugt ist, weiterhin einen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft zu haben. Damit drängte sich für ihn nicht die Erkenntnis auf, das SG wolle die Klage mit Gerichtsbescheid abweisen. Die Anhörung war derzeit unzureichend. Damit liegt ein Verstoß gegen § 105
Abs. 1 Satz 1
SGG iVm § 62
SGG vor. Der Senat sieht allerdings von einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG ab, denn die Sache ist entscheidungsreif.
III. In der Sache ist dem SG zuzustimmen. Nach
§ 2 Abs. 2 SGB IX sind schwerbehindert solche Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinn des § 73 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Das ist nicht der Fall. Der Kläger hat seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden. Wann der Kläger seinen Wohnsitz in die Niederlande verlegt hat, ist nicht aktenkundig. Darauf kommt es aber auch nicht an. Denn ausweislich der Klageschrift vom 10.05.1988 an das Amtsgericht Vxxxxxx wohnte er bereits im Mai 1988 in den Niederlanden. Dass dies sein Wohnsitz im Sinn eines ständigen Aufenthaltsortes war, folgt daraus, dass er im März 1987 noch die Adresse "Fam. E J. Jxxxxxx, Pxxxxxxxxxxx xx NL xxxx, Schxxxx, Niederlande" angegeben hat, der einschränkende Zusatz " Fam. E. J. Jxxxxxx" später durchgängig entfällt und nur noch unter dieser Adresse mit ihm korrespondiert wird. Ein Beschäftigungsverhältnis in Deutschland ist nicht nachgewiesen. Das Versorgungsamt hat den Kläger ausdrücklich aufgefordert, ein solches anzugeben (Anhörungsschreiben vom 04.09.2000). Der Kläger hat hierauf mit dem Bemerken reagiert: "Solche Angabe ist völlig sinnlos, etwas auf das Papier setzen wenn nicht gelesen sind, dies ist anzunehmen als mangelhafte Bearbeitung."
Verfahrensrechtlich hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid zutreffend auf § 48
SGB X gestützt. Die Wohnsitzverlagerung an die Niederlande stellt eine wesentliche Änderung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Die Fristenregelung des § 48
Abs. 4 SGB
iVm § 45
Abs. 3 Satz 3
SGB X gilt nicht. Der Beklagte hat den Bescheid vom 22.07.1976 mit Wirkung ex nunc aufgehoben. Für diesen Fall wird zwar die Auffassung vertreten, dass auch dann die Fristen des § 48
Abs. 4
SGB X zu beachten sind, also nach 10 Jahren seit der wesentlichen Änderung der begünstigende Ververwaltungsakt in keinem Fall mehr, weder bei Gut- noch bei Bösgläubigkeit, weder bei Aufhebung für die Vergangenheit noch für die Zukunft, gestützt auf die wesentliche Änderung aufgehoben werden kann (hierzu Schroeder- Printzen,
SGB X, 3. Auflage, § 48 Rdn. 28 mwN). Der Senat tritt dem nicht bei. Denn der Sinn der entsprechenden Anwendung des Zehnjahresfrist liegt erkennbar nicht darin, einer wesentlichen Änderung nach 10 Jahren jegliche Bedeutung abzusprechen, sondern darin, nach 10 Jahren die rückwirkende Änderung des Leistungsbescheides zu verbieten (
BSG vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90 -).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193
SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160
Abs. 2
SGG).