Der Kläger bezieht wegen Folgen einer kriegsbedingten Kieferverletzung Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechend einer nach § 30 Abs 1 BVG mit 70 vH bemessenen Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE), die wegen besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs 2 BVG auf 80 vH festgesetzt worden ist. Er begehrt als Schwerbehinderter, der laufend Schwerbehindertenausweise mit einer eingetragenen
MdE von 80 vH (neuerdings mit einem Grad der Behinderung (
GdB) um 80) erhält, ab Oktober 1987 die Anerkennung des Merkzeichens "RF", damit er von der Rundfunkgebührenpflicht befreit werden und eine Telefongebührenermäßigung erlangen kann. Antrag, Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben ( Bescheid vom 10. November 1987, Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 1988, Urteil des Sozialgerichts SG vom 14. Juli 1989, Urteil des Landessozialgerichts (
LSG) vom 25. Januar 1990). Das
LSG hat die erste Voraussetzung für den begehrten Nachteilsausgleich, einen
GdB von 80, sowohl aufgrund der im Versorgungsverfahren getroffenen Feststellung als eines vom SG eingeholten Gutachtens verneint. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes ist die Höherbewertung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nicht im Schwerbehindertenrecht zu berücksichtigen. Außerdem hat das
LSG die weitere Voraussetzung verneint, daß der Kläger durch seine Behinderung ständig gehindert sei, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.
Der Kläger rügt mit der vom Bundessozialgericht (
BSG) zugelassenen Revision eine Verletzung des § 4 Schwerbehindertengesetz (
SchwbG) und des § 27e BVG. Für den Geltungsbereich des
SchwbG sei der vom Versorgungsamt einheitlich auf 80 vH festgestellte Grad der
MdE als verbindlich zu übernehmen (§ 4 Abs 2
SchwbG). Eine neue, unabhängige Feststellung des
GdB sei nicht nach § 4 Abs 1
SchwbG vorzunehmen. Die zusätzliche Bewertung der
MdE nach § 30 Abs 2 BVG dürfe wegen der Einheitlichkeit von
MdE iS des BVG und
GdB iS des
SchwbG nicht unberücksichtigt bleiben. Das Berufungsurteil beruhe auf dem Verfahrensfehler einer unzureichenden medizinischen Sachaufklärung. Entgegen dem Vorbringen und Antrag des Klägers habe das
LSG nicht durch ein weiteres Gutachten aufgeklärt, daß er in kurzen Zeitabständen den ganzen Tag über Nahrung aufnehmen müsse, wobei er behindert sei, und deshalb nicht an längeren Veranstaltungen teilnehmen könne und daß er infolge der Schädigung an seelischen Störungen, insbesondere mit einem "Rückzug" in den häuslichen Bereich verbunden, leide, was nur durch eine längere ärztliche Beobachtung festgestellt werden könne. Außerdem müsse dem Kläger als Sonderfürsorgeberechtigten, dessen Erwerbsfähigkeit allein infolge einer Gesichtsentstellung um mindestens 50 vH gemindert sei (§ 27e BVG), das Merkzeichen "RF" gewährt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Änderung der Urteile der Vorinstanzen und Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Beklagten zu verurteilen, für den Kläger die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "RF" festzustellen, hilfsweise,
den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das
LSG zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, hat die Versorgungsverwaltung des Beklagten die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht sowie für Ermäßigungen der Telefongebühren nicht festzustellen und nicht zum Nachweis das Merkzeichen "RF" im Schwerbehindertenausweis des Klägers einzutragen (§ 4 Abs 4 und 5
SchwbG idF vom 26. August 1986 - BGBl I 1421 -, § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, § 3 Abs 1 Nr 4 Ausweisverordnung
idF vom 3. April 1984 - BGBl I 509 -, § 1 Abs 1 Nr 1 oder 3 Niedersächsische Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 27. Januar 1980 - GVBl S 33 - RGVO;
BSG SozR 3870 § 3 Nr 25).
Entgegen der Ansicht des Klägers war ihm in diesem Verfahren nicht die Stellung eines Sonderfürsorgeberechtigten iS des § 27e BVG (ursprünglich § 27c BVG
idF vom 21. Februar 1964 - BGBl I 85 -) für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 1 Abs 1 Nr 1 RGVO zuzuerkennen.
Zu diesem Personenkreis gehören ua, worauf der Kläger abstellt, Beschädigte iS des BVG mit einer Gesichtsentstellung, die eine
MdE von mindestens 50 vH bedingt. Diese Eigenschaft gehört nicht zu den "gesundheitlichen Voraussetzungen" für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, die die Versorgungsbehörden nach § 4 Abs 4
SchwbG festzustellen haben (vgl Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, herausgegeben vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Ausgabe 1983, S 126). Vielmehr haben diesen Status die Versorgungsbehörden als solche der Kriegsopferversorgung in dem entsprechenden Verfahren aufgrund des BVG zu treffen. Das folgt allgemein aus ihrer Zuständigkeit für die Kriegsopferversorgung und wird durch § 29 Abs 2 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge (KFürsV) (vom 16. Januar 1979 - BGBl I S 80 -) bestätigt. Nach dieser Vorschrift muß sich die Eigenschaft einer Sonderfürsorgeberechtigten aus dem Bescheid des Versorgungsamtes über die Versorgung nach dem BVG ergeben oder muß anderenfalls durch eine vom Versorgungsamt auf Antrag ausgestellte Bescheinigung nachgewiesen werden.
An einer solchen positiven Statusfeststellung fehlt es. Der Senat kann offen lassen, ob die Versorgungsverwaltung im Schwerbehindertenverfahren, an dem sie in einer anderen Funktion beteiligt ist, die notwendige Feststellung nachholen könnte. Der Kläger hat in diesem Verfahren nicht durch einen entsprechenden Antrag vom Beklagten verlangt, ihn als Sonderfürsorgeberechtigten anzuerkennen. Er hat nicht einmal beantragt, die entgegenstehende Entscheidung, die der Beklagte in den Begründungen der angefochtenen Verwaltungsakte getroffen hat, aufzuheben. Er hat sich auch nicht durch einen Antrag, den das
LSG unter Umständen hätte sachdienlich ergänzen lassen müssen (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
SGG), gegen die tatsächliche, auf eine Beweiserhebung gestützte Feststellung des SG gewandt, eine erhebliche Gesichtsentstellung bestehe nicht.
Mit der entgegenstehenden Behauptung im Revisionsverfahren kann das Rechtsmittel nicht begründet werden; denn der Kläger hat nicht durch eine formgerechte Verfahrensrüge die Voraussetzung für eine Zurückverweisung der Sache zwecks Aufklärung über eine Gesichtsentstellung mit einer
MdE um wenigstens 50 vH dargetan (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3, § 170 Abs 2 Satz 2
SGG). Die im Bescheid vom 26. Februar 1969 festgestellten Schädigungsfolgen iS des § 1 BVG bieten keinerlei Anhalt dafür, daß der Kläger als Sonderfürsorgeberechtigter anerkannt werden müßte. Gegenüber der Bemessung der Schädigungsfolgen auf chirurgischem Gebiet, unter Berücksichtigung einer Sprechstörung und allenfalls noch einer leichten Gesichtsentstellung, mit einer
MdE um 70 vH (vgl Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit, S 57 ff) hätte der Kläger mit der Revision formgerecht darlegen müssen, aus welchen Gründen und aufgrund welcher Beweismittel bei ihm eine "abstoßend wirkende Gesichtsentstellung", die mit einer
MdE um 50 vH bewertet wird (aaO S 40;
BSG Breithaupt 1974, 967), bestehen soll.
Die Versorgungsbehörde hatte auch nicht die andere Voraussetzung für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gemäß § 1 Abs 1 Nr 3 RGVO festzustellen.
Allerdings hatte sie, entgegen der Rechtsansicht des
LSG, von dem erforderlichen Mindest-
GdB von 80 auszugehen. Im Schwerbehindertenverfahren ist sie bei der Feststellung gesundheitlicher Voraussetzungen (§ 4 Abs 4
SchwbG) an eine rechtserhebliche bestandskräftige Feststellung des
GdB (§ 4 Abs 1
SchwbG) ebenso gebunden wie an eine Eintragung des
GdB in einem wirksamen Schwerbehindertenausweis, falls sie auf einer Feststellung einer anderen Behörde iS des § 4 Abs 2
SchwbG beruht. Einen solchen Schwerbehindertenausweis mit einem
GdB um 80, vorher mit einer
MdE von 80 vH, besitzt der Kläger.
Nach § 4 Abs 2
SchwbG ist eine Feststellung im Schwerbehindertenverfahren nach Abs 1 nicht zu treffen, wenn eine auf Behinderungen beruhende
MdE schon in einem Rentenbescheid oder in einer ähnlichen Entscheidung festgestellt worden ist. So war es hier. Die Feststellung der
MdE iS des § 30 BVG aus dem Kriegsopferversorgungsverfahren wurde uneingeschränkt als solche iS des § 4 Abs 2
SchwbG vom Versorgungsamt gewertet und aufgrund dessen nach § 4 Abs 5
SchwbG im Ausweis eingetragen. Ob dabei das Versorgungsamt nur einen Anteil der
MdE, der nach § 30 Abs 1 BVG - im Fall des Klägers mit 70 vH - bemessen worden ist, entsprechend dem nach § 3 Abs 2
SchwbG allgemein für Feststellungen nach § 4 Abs 1
SchwbG maßgebenden Beurteilungsmaßstab um der Einheitlichkeit des Schwerbehindertenstatusrechtes willen (vgl für § 33b Einkommensteuergesetz
iVm § 65 Abs 3 Einkommensteuerdurchführungsverordnung: BFHE 92, 442 = BStBl 1968 II 606) hätte übernehmen müssen, muß hier dahingestellt bleiben. Allein der im Ausweis bescheinigte
GdB von 80 ist verbindlich für das Versorgungsamt im Schwerbehindertenverfahren. Das folgt aus dem Inhalt des Ausweises als feststellender Verwaltungsakt (§ 33 Satz 1
SGB X), soweit eine anderweitige Feststellung der
MdE nach § 4 Abs 2
SchwbG anerkannt wird (vgl zB
BSG SozR 3870 § 3 Nr 7), besonders bezüglich eines nach § 30 Abs 2 BVG bemessenen Anteils. Dieser Inhalt des Ausweises dient nach § 4 Abs 5 Satz 2
SchwbG dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen und ist insoweit für Behörden, die über Nachteilsausgleiche selbst zu entscheiden haben, bindend. Das muß auch für die gesundheitlichen Voraussetzungen gelten, die nach § 4 Abs 4
SchwbG vom Versorgungsamt festzustellen sind, wenn über einen Teil - hier den
GdB -bereits verbindlich erkannt worden war. Das Versorgungsamt hat sich mit der Entscheidung über den Inhalt des Ausweises selbst gebunden.
Ungeachtet dessen sind dem Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" deshalb nicht zuzuerkennen, weil er nicht ständig daran gehindert ist, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen (§ 1 Abs 1 Nr 3 RGVO). Diese Entscheidung des
LSG ist nicht zu beanstanden.
Das Berufungsgericht ist von einem zutreffenden rechtlichen Beurteilungsmaßstab ausgegangen (vgl BSGE 53, 175 = SozR 3870 § 3 Nr 15; SozR 3870 § 3 Nrn 24 und 25;
BSG ZfSH/SGB 1987, 318). Das stellt der Kläger nicht in Frage.
Seine Verfahrensrüge gegen die verwerteten tatsächlichen Feststellungen greifen nicht durch, so daß diese Feststellungen für das Revisionsgericht verbindlich sind (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3
SGG).
Das Berufungsgericht hat insbesondere nicht seine Sachaufklärungspflicht (§ 103
SGG) verletzt; ihm mußte sich nicht aufdrängen, weitere Gutachten einzuholen und behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen zu hören. Es hat auch nicht gegen die Pflicht verstoßen, den gesamten rechtserheblichen Sachvortrag des Klägers zu berücksichtigen (§ 128 Abs 1 Satz 1
SGG; BSGE 2, 236, 237 f). Auf sein Vorbringen gegenüber der Beurteilung durch die Sachverständige, Ärztin für Neurologie um Psychiatrie
Dr. L., er müsse die Nahrungsaufnahme in kurzen Abständen über den ganzen Tag verteilen, war nicht einzugehen, und dies war kein Grund für eine weitere Beweiserhebung; denn der Kläger hatte nach dem Gutachten selbst angegeben, seine letzte tägliche Mahlzeit sei um 15.30 Uhr und danach esse er allenfalls noch eine Banane. Öffentliche Veranstaltungen finden aber in der Regel nachmittags und abends statt. Außerdem räumte er selbst ein, er könne bis zu drei Stunden an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen (Schriftsatz vom 19. Januar 1990). Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden solche Veranstaltungen in der Regel etwa nach einer Stunde unterbrochen, so daß dem Kläger Zeit für eine Nahrungsaufnahme in kurzen Abständen verbliebe. Die Sachverständige hat alle zugunsten des Klägers sprechenden ärztlichen Äußerungen verwertet. Gegenüber ihrer Beurteilung, der Rückzug des Klägers in den häuslichen Bereich beruhe nicht auf neurotischen oder gar psychotischer und damit krankhaften Störungen, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert dargetan, aufgrund welcher Erkenntnisse andere Sachverständige mit Hilfe einer längeren Beobachtung oder behandelnde Ärzte diese Frage zuverlässiger und sachkundiger beurteilen könnten als die Fachärztin aufgrund einer langen Unterhaltung mit dem Kläger und einer Untersuchung. Das
LSG durfte sich im Rahmen seines Beweiswürdigungsrechtes insbesondere auf den Bericht des Arbeitgebers über die berufliche Bewährung des Klägers berufen und dieser Tatsache größeren Beweiswert beimessen als abweichenden Ansichten anderer Ärzte über eine Fähigkeit, die nicht erprobt worden ist. Die Bescheinigung des Orthopäden und das - im übrigen den Gesundheitszustand der Ehefrau betreffende - Attest des Hausarztes, die der Kläger erst mit der Revision eingereicht hat, sind unerheblich für die Frage, ob sich dem Landessozialgericht eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.